Die Geschichte der FCG Österreich

www.fcg.at

Die Fraktion Christlicher Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter im Österreichischen Gewerkschaftsbund wurde 1951 neu gegründet, doch unsere Historie reicht deutlich weiter zurück. Erfahre hier mehr über die aufregende Geschichte unserer Bewegung.


Gründung der FCG im Jahr 1951


Schon in den letzten Kriegstagen des Jahres 1945 kamen sozialistische, christliche und kommunistische Gewerkschafter/innen in Österreich überein, den ÖGB – unter Verzicht auf die Wiedererrichtung der Richtungsgewerkschaften – als überparteiliche Einheitsgewerkschaft neu aufzubauen. Die Positionen von Johann Böhm (SPÖ, erster Präsident), Alois Weinberger (ÖVP) und Gottlieb Fiala (KPÖ), zunächst alles dem Wiederaufbau nach dem Krieg und der Verbesserung der Ernährungssituation der Bevölkerung unterzuordnen, wurde von den Parteien mitgetragen. Zugleich wurde von christlichen Gewerkschafter/innen in der ÖVP der Arbeitnehmerflügel ÖAAB gegründet und aufgebaut. Nach dem ersten Bundeskongress des ÖGB im Jahr 1948 wurde die Situation für die christlichen Gewerkschafter/innen, bei denen Erwin Altenburger die Nachfolge Weinbergers angetreten hatte, immer schwieriger. Unter dem Einfluss der russischen Besatzungsmacht wurden marxistische Kräfte im ÖGB immer stärker. Um dem entgegenzuwirken, kam es in der erweiterten Bundesvorstandsklausur des ÖAAB im Schloss Wartholz (1950) zur Idee, eine eigene „Fraktion Christlicher Gewerkschafter/innen“ zu gründen. Der Grundgedanke, der vom Vorsitzenden Erwin Altenburger und dem damaligen Bundessekretär Ignaz Köck eingebracht wurde, war die saubere Trennung der parteipolitischen Aufgaben, die dem ÖAAB übertragen wurden, dem kirchlichen Laienapostolat, welches die Katholische Arbeitnehmer/innen Bewegung (KAB) leistete, und von gewerkschaftlichen Aufgaben, die von der FCG im ÖGB übernommen wurden. Beim 2. ÖGB-Bundeskongress fand am 30. September 1951 auch die fraktionelle Bundeskonferenz statt, in der nach ausführlicher Diskussion beschlossen wurde, die „Fraktion Christlicher Gewerkschafter“ im ÖGB zu gründen.



Die Entwicklung bis 1951: Christliche Arbeiterbewegungen



Christentum ist ohne „Nächstenliebe“ nicht denkbar. So haben sich z.B. viele christliche Ordensgemeinschaften seit ihrer Gründung der besonderen Unterstützung von Armen, Schwachen und Kranken gewidmet. Viele Krankenhäuser, Schulen und nicht zuletzt die „Klostersuppe“ waren jahrhundertelang Ausdruck des sozialen Engagements christlicher Kirchen. Als mit den Umwälzungen der industriellen Revolution im 19. Jahrhundert das Los der Arbeiter/innen in den Fabriken zur wichtigsten „sozialen Frage“ wurde, veröffentlichte Papst Leo XIII im Mai 1891 die erste Sozialenzyklika „Rerum novarum“. Die damit grundgelegte „Christliche Soziallehre“ bildet bis heute das Wertefundament für Christliche Arbeiterbewegungen. In Österreich bestimmten christliche Sozialreformer, wie u.a. Carl Freiherr von Vogelsang und Pater Anton Maria Schwartz, Gründer der Kalasantiner, ganz entscheidend Weg und Ziel dieser Arbeiterbewegungen. Die bedeutendste Gründung gelang dem Sattlergehilfen Leopold Kunschak im Jahr 1892 mit dem „Christlichsozialen Arbeiterverein“. Als Vertretung der jungen Arbeiter gründetet Anton Orel 1897 den „Verein christlicher jugendlicher Arbeiter“. Im April 1904 erschien erstmals als eigene Zeitung „Der Christliche Gewerkschafter“. Die christlichen Gewerkschaften konnten sich im Jahr 1906 in Wien zur „Reichsgewerkschaftskommission“ zusammenschließen, der nach dem 1. Kongress im Jahr 1909 die „Zentralkommission der christlichen Gewerkschaften“ folgte. Das „Linzer Programm“ der christlichen Arbeiterbewegung und des Reichsbundes verfasste Prof. Dr. Karl Lugmayer im Jahr 1923. Im September 1926 konnte der Verein „christliches Arbeiterhaus“ das Haus in der Laudongasse 16 in Wien erwerben, welches bis heute betrieben wird. Leider war die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts von zwei schrecklichen Weltkriegen geprägt. Zum Glück wurden aus der schwierigen Zwischenkriegszeit, in der sich bekämpfende „Richtungsgewerkschaften“ in Österreich die Arbeiterschaft spalteten, die richtigen Lehren gezogen und der ÖGB nach 1945 überparteilich neu gegründet. Im Februar 1946 wurde in der Tradition der katholischen Soziallehre das „Wiener Programm“ der FCG und des ÖAAB beschlossen, welches für die Nachkriegsjahre die weitere Richtung vorgab.



Die Entwicklung der FCG seit 1951



In Österreich folgten den 20 Jahren der großen Koalition (Besatzungszeit bis 1955), vier Jahre ÖVP-Regierung und ab 1970 eine SPÖ-Regierung. In diesen Jahrzehnten des Wiederaufbaus und der folgenden Hochkonjunktur, veränderten sich die sozialen Herausforderungen völlig. 1955 wurde das ASVG beschlossen, dem zahlreiche Novellen folgten. 1960 wurde der Karenzurlaub für Mütter auf ein Jahr verlängert. 1964 wurde der dreiwöchige Mindesturlaub eingeführt. 1967 gelang mit dem Bundespersonalvertretungsgesetz die Durchsetzung einer lange bestehenden FCG-Forderung. Ab 1968 erfolgte in Etappen die Einführung der 40-Stunden-Woche. Von 1966 – 1970 dauerte auch die Amtszeit der ersten weiblichen Ministerin der 2. Republik, Grete Rehor, der als Sozialministerin wohl bekanntesten Christgewerkschafterin Österreichs. Bereits 1953 wurde von Dr. Karl Kummer und Prof. Dr. August Maria Knoll das „Dr. Karl Kummer Institut für Sozialpolitik und Sozialreform“ gegründet und ist seither Denkwerkstatt und Diskussionsforum für grundsätzliche soziale Fragen. Im Jahr 1962 verzichtete die FCG zugunsten der KAB auf ein Virilmandat im ÖGB-Bundesvorstand und erreichte die Anerkennung der KAB als „Gruppierung zur Vertretung von Arbeitnehmerinteressen“. Als FCG-Bundesvorsitzender Erwin Altenburger im Jahr 1975 zurücktrat, folgten Johann Gassner, Dr. Robert Lichal und Rudolf Sommer in dieser Funktion. Fritz Neugebauer, der später auch 2. Nationalratspräsident wurde, war bis 2003 FCG-Vorsitzender. Ihm folgte Karl Klein, in dessen Periode auch die größte Krise des ÖGB, der Notverkauf der Bank BAWAG, fiel. Für die FCG ist dabei festzuhalten, dass kein einziges Mitglied in diese Angelegenheit verwickelt war. Beim „ÖGB-Reformkongress“ im Jänner 2007 wurde Dr. Norbert Schnedl zum neuen Bundesvorsitzenden der FCG gewählt und ist seither in dieser Funktion. Gemeinsam mit einem Redaktionsteam erarbeitete Generalsekretär Andreas Gjecaj, der als Bundessekretär von der KAB 2006 in die FCG wechselte, ein neues Grundsatzprogramm mit dem Titel: „Wir leben Werte“, welches bei der FCG-Bundeskonferenz 2009 beschlossen wurde. Mit der ständigen Aktualisierung und Weiterentwicklung ergeben die „7 Orientierungen an den Prinzipien der Soziallehre“, zugleich „7 gute Gründe für die FCG“ und sind Handlungsanleitung für die gewerkschaftliche Praxis. Die Leitanträge der FCG bei den Kongressen 2013 und 2018 belegen, dass diese solide Wertebasis der FCG den Weg in eine erfolgreiche Zukunft eröffnet hat. Seit Jahren kann die FCG beständige Mitgliederzuwächse verzeichnen und seit der Nationalratswahl 2019 sind auch drei Mitglieder des FCG-Präsidiums Abgeordnete zum Nationalrat: Mag.a Romana Deckenbacher aus Wien, MMMag. Gertraud Salzmann aus Salzburg und Bettina Zopf aus Oberösterreich.


Quellenhinweis
Erstellt: Im April 2020 von Andreas Gjecaj, Generalsekretär der FCG

Verwendete Literatur:
FCG im ÖGB (Hrsg.): 120 Jahre Christliche Soziallehre – Die Wirkungsgeschichte von „Rerum novarum“ von 1891 bis in die Gegenwart, Wien, 2011FCG im ÖGB (Hrsg.): Grundsatzprogramm der FCG – Wir leben Werte! Wien, 2009
Andreas Gjecaj: Christliche Soziallehre – Skriptum 2 aus der Reihe „Politik und Zeitgeschehen“ von ÖGB und AK, Wien, 2010
Paul Bernhard Wodracka: Die Christliche Arbeiterbewegung von ihren Anfängen bis zur Gegenwart – Skriptum 15 aus der Reihe „Politik und Zeitgeschehen“ von ÖGB und AK, Wien, 2007
Karl Klein, Brigitte Pellar, Walter Raming (Hrsg.): Menschenwürde – Menschenrecht – Sozialreform: 100 Jahre Christliche Gewerkschaft in Österreich, Wien, 2006
Ludwig Reichhold: Geschichte der christlichen Gewerkschaften Österreichs, Wien, 1987